Milena, Pia und ich warten auf unsere Terrasse und sind bereit aufzubrechen. Der Bus sollte eigentlich zwischen 13:00 und 13:30 Uhr abfahren. Um 13:25 erfahren wir, dass der Busfahrer abgesagt hat und in diesem Moment ein anderer organisiert wird. Mittlerweile gewöhnt an die afrikanische Gelassenheit, waren wir sowieso noch nicht auf dem Weg. Spontan entscheiden wir uns Mittagessen zu kochen, da es jetzt eh noch länger dauern wird.
Die Veranstaltung im Goethe Institut ist ein sehr wichtiger und seit Wochen geplanter Termin für AIM. Die Volontäre, der Jugendklub und Freunde sollen gemeinsam in einem 60 Personen Bus zur Veranstaltung fahren. Im Institut soll dann die Veröffentlichung der Charity CD African Kiss und des neuen Lieds plus Video von Milena und Tom, mit reichlich potenziellen Sponsoren zelebriert werden. Die Cultural Group soll auftreten und auch einige Namhafte Künstler aus der ghanaischen Musikbranche, die an dem Lied mitgewirkt haben, werden kommen. Da meine Tante in Kumasi ist kann sie leider nicht dabei sein. Eigentlich wollte ich mit Pia und Kojo in Accra übernachten, damit wir am folgenden Tag die Friedrich Ebert Stiftung besuchen können, um sie als Sponsor für unsere Youth Magazin zu gewinnen. Pia ist jedoch noch geschwächt und wird nicht über Nacht bleiben können. Nach meinem schlechten Test Ergebnis, habe auch ich mich dagegen Entschieden in Accra zu übernachten, weil ich befürchte mein Gesundheitszustand könnte sich noch verschlechtern. Auf Rat von Jörn, der schon Erfahrung mit dieser Stiftung hat, haben wir keinen Termin vereinbart, sondern wären auf gut Glück vorbei gegangen. Die Kosten für ein Hotel und Rückfahrt wären mir in Anbracht der wagen Erfolgschancen wahrscheinlich eh zu hoch gewewesen.
Gegen 15Uhr ist es endlich soweit, wir sollen zum vereinbarten Treffpunkt kommen, der Bus ist da! Schon von weitem sehe ich, dass dort ein größeres Tro Tro für ca 15-20 Personen steht, aber kein Bus für 60 Leute! Verunsichert setzen wir uns hinein, warten auf die Kinder und Jugendlichen und einen weitern Bus. Die Kinder kommen, ein weiterer Bus leider nicht. Es stapeln sich nun also 30 Leute in einem Bus für höchstens 20 Personen und es steigen auf dem Weg noch weitere zu. Trotzdem ich noch Glück habe, mit meinem Fensterplatz, fühle ich wie Platzangst und Unmut in mir aufsteigt. Seitdem ich hier bin habe ich mich sehr an Körperkontakt und Enge gewöhnt und meine deutsche Toleranzgrenze angepasst, denn auch ein Tro Tro ist kein Luxusgefährt und man muss dicht zusammenrücken, aber das hier grenzt an Folter. Verschwitzte Arme und Beine von meinen Sitznachbarn kleben an meinem Körper, innerhalb von Minuten fühle ich mich wie eingeölt, ich ringe nach Luft und meine Beine sind eingeschlafen bevor wir überhaupt losfahren. Nach außen bleibe ich ruhig, doch steigt Panik in mir auf, - so eingepfercht sollen wir über 4 Stunden lang nach Accra fahren?! Jeder Viehtransport ist komfortabler und ich frage mich warum ich vorher überhaupt geduscht habe. Schließlich fahren wir los und an verschiedenen Orten steigen tatsächlich noch weitere hinzu. Nachdem alle Plätze doppelt und dreifach belegt sind und jeder einen oder mehr auf dem Schoß hat, passen die letzten nur noch im stehen rein. Gott sei Dank wird der Bus nach 1 1/2 Stunden wirklich gewechselt und wir haben jetzt alle genug Platz. Die gesamte Fahrt schaue ich wie gebannt aus dem Fenster und bin beeindruckt von der Schönheit und Vielfalt der Umgebung. Die Landschaft ist vom saftigen grünen Büschen, Gräsern und riesigen tropischen Bäumen geprägt. Die staubige rote Erde wird von Autos hoch gewirbelt und Termitenhügel schauen zwischen dem grün hervor. Sobald man durch Städte fährt ist alles voller farbenfroher Verkaufstände mit Obst, Gemüse, Handykarten und allem was man sich vorstellen kann. Besonders interessant finde ich die Sarghersteller, die letzte Ruhestätten zB in Fisch, Vogel oder besonders schön in Kobraform herstellen. Wunderschöne bunte Kunstwerke sind entstanden und ich wünschte ich könnte aussteigen und fotografieren. Ich bin mir aber sicher spätestens auf meiner Reise, im Anschluss an mein Praktikum, die Gelegenheit dazu zu bekommen.
Es sind vier Stunden vergangen und als wir in Accra ankommen ist es bereits dunkel. Die Lichter der vielen Autos leuchten in der Nacht und ich sehe zum ersten Mal seit dem ich hier bin Ampeln. Am Straßenrand stehen die Verkäufer dicht an dicht. Wie in Accra üblich stehen wir im Stau und wie überall werden uns Wahren direkt am Fenster angeboten. Ich kaufe mir ein Eis und eine Handykarte, um meinen Credit aufzuladen. Was ich bei meiner Ankunft noch als anstrengend empfand, erwies sich nun schon sehr oft als unheimlich nützlich und ich komme mittlerweile gar nicht mehr ohne aus. Es dauert eine Weile bis wir das Goethe Institut finden, denn alle sind unterschiedlicher Meinung wo es lang gehen soll. Eine heftige Diskussion entsteht und der große Bus muss einige waghalsige Wendemanöver unternehmen, bis wir endlich vor dem Institut stehen. Als wir aussteigen ist es bereits sehr spät und das Programm sollte schon längst beginnen. Da wir alle noch nichts gegessen haben, bekommen wir aber erst unsere Takeaways (Yollof Rice mit Ei) und schlingen das Essen herunter. Ich fühle mich zu diesem Zeitpunkt nicht sehr gut. Mir ist schwindelig, ich fühle mich sehr Müde und mag nicht richtig essen. Ich hoffe inständig, dass diese Symptome Nebenwirkungen von den insgesamt 10 verschiedenen Tabletten sind, die ich den Tag über einnehmen muss und nicht die Krankheiten selbst. Alles läuft etwas chaotisch ab bis das Programm endlich starten kann. Ich bin erleichtert denn Adrian übernimmt für mich das Fotografieren der Veranstaltung und ich setzte mich ins Publikum zu Kukua und ihrem kleinen Sohn Pope. Es sind tatsächlich einige Leute gekommen und neben vielen deutschen sind auch die in Ghana sehr bekannten Künstler Black Rasta und Old Soldier gekommen, die an Milenas Song mitgewirkt haben. Die Leiterin des Goethe Instituts, eine kleine freundliche Frau mittleren Alters, eröffnet den Abend mit einer kurzen Rede mit starkem deutschen Akzent. Darauf folgt ein dynamischer Auftritt mit Trommeln und traditionellen afrikanischen Tanz von der AIM. Cultural Group. Danach folgen mehrere sehr langweilige und schlechte Reden. Unter anderem vom Moderator des Abends, einem ghanaischen Schauspieler, der angeblich in Mission Impossible 3 mit gespielt haben soll. Dann hält endlich Milena selbst ihre Rede und beeindruckt alle mit ihren fesselnden und spanneden Worten über ihr Projekt und ihre Beziehung zu Ghana. Obwohl sie die jüngste der Redner ist und nicht geübt im öffentlichen Sprechen, ist ihre Rede mit Abstand die Beste. Anschließend wird das Video gezeigt. Song und Film sind wirklich gut geworden und ernten lauten Applaus. Im weiteren Verlauf gibt es noch eine Versteigerung von AIM. Kalendern und Milena führt noch eine Feuershow auf. Trotz Chaos und viel Improvisation verlief das Programm erfolgreich und ich freue mich sehr für Milena und Tom, die Heute endlich die Früchte ihrer Arbeit ernten konnten.
Müde und erschöpft fahren wir alle noch am gleichen Abend zurück. Die Jugendlichen sind jedoch so aufgeputscht vom Applaus des Publikums und dem durchweg positiven Feedback, dass sie die ersten zwei Stunden fahrt lauthals Singen und Trommeln. Da es mir nicht besonders gut geht und ich einfach nur todmüde bin, sind die lauten Trommeln extrem anstrengend und nervig für meine Ohren. Jedes Mal wenn ich die Augen schließe, um ein bißchen zu schlafen fällt ihnen ein neues Lied ein und gerade als ich mich damit abfinde Heute wohl nicht mehr im Bus zu schlafen, werden auch sie Müde. Genauso wie mein Sitznachbar, der offenbar besser schlafen kann als ich, denn er lässt seinen Kopf mehrmals auf meinen Kopf und Schoß fallen. Gegen 3Uhr nachts sind wir zurück in Komenda und meine einziger Wunsch ist zu schlafen.
Nachtrag:
Weil ich es später nicht mehr erwähne möchte ich euch noch sagen das ich nicht krank geworden bin. nachdem ich mich einen Tag geschont hatte ging es mir wieder besser und ich denke es waren nur Nebenwirkungen von den vielen Tabletten. Ich habe also weder Malaria noch Typhus bekommen und hoffe ich werde es auch nie kriegen.
Freitag, 11. Juni 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen