Aufgrund der Probleme zwischen den Volontären und der Organisationsleitung von AIM, wurde ein zweitägiger Workshop ins Leben gerufen. Thema sind kulturelle Unterschiede und daraus resultierende Missverständnisse, sowie die konkrete Auseinandersetzung und mögliche Lösungen, für die aktuellen Konflikte. Um euch nicht zu langweilen möchte ich an dieser Stelle nicht auf den langwierigen Workshop und die Problembehandlung eingehen, nur soviel: die Situation scheint sich zu verbessern und ich fühle mich wieder wohler innerhalb der Organisation und hoffe das einige Verbesserungen in Angriff genommen werden. Während des Seminars sind jedoch sehr aufschlussreiche private Gespräche entstanden, deren Inhalt ich euch nicht vorenthalten möchte.
Lily (meine Nachbarin und AIM Sekretärin) und ich sind etwas zu früh am Komenda Grace Hotel, in dem unsere internen Workshops stattfinden, angekommen. Wir setzten uns in die Lobby und Lily fragt mich ob es stimmt, dass in Deutschland alle Frauen Hausfrauen wären. In Ghana arbeiten Frauen und Männer gleichermaßen, manchmal verdient eine Frau auch mehr als ihr Mann und unterstützt die ganze Familie. Wenn man nicht arbeitet wird man schnell als faul eingestuft. Ich erkläre Lily, dass Frauen in Deutschland auch berufstätig sind und es fast ebenso üblich ist das die Frau einer Arbeit nachgeht wie in Ghana. Da wir jedoch nicht im großen Familienverband leben, ist es aber oft gar nicht so einfach eine vernünftige Betreuung für die eigenen Kinder zu finden. In Ghana wird eine Mutter meistens ständig vom Rest der Familie (Oma, Schwester, Cousine ect) unterstützt, die alle mit im Haus leben. Daraufhin fragt mich Lily warum man sich nicht einfach ein Hausmädchen nehmen würde, die sich um alles kümmert. Ich antworte, dass dies leider ziemlich teuer ist und ein normal verdienender sich so etwas nicht leisten könne. Lily fängt an zu lachen und fragt mich für was das Mädchen denn bezahlt werden würde, in Deutschland müsse man ja als Haushaltshilfe noch nicht einmal richtig arbeiten! Die Wäsche muss nur in die Waschmaschine, die Kinder werden mit dem Auto in die Schule gefahren und zum kochen und sauber machen hat man genügend Hilfsmittel. In Ghana werden oft junge Mädchen aus armen Familien zu anderen geschickt die etwas mehr haben. Das Mädchen muss dann schon um vier oder fünf Uhr Morgens mit ihrer Arbeit anfangen. Fegen, Wasser holen, Feuer machen, Frühstück bereiten, die Kinder anziehen und zur Schule bringen, Fufu fürs Mittagessen stampfen und die Wäsche für die gesamte Großfamilie mit der Hand waschen. Im Gegenzug bekommt sie Essen und Kleidung gestellt und wenn sie besonders viel Glück hat, schickt sie ihre Gastfamilie sogar in die Schule. Ihre eigene Familie, darf sie dann nur noch etwa einmal im Monat sehen. Lily kann gar nicht verstehen, dass sich in Deutschland niemand unentgeltlich für diese Arbeit zur Verfügung stellen würde und schlägt vor ein Geschäft daraus zu machen und selbst nach Dt zu gehen, um ihre Arbeit für wenig Geld anzubieten. Als ich sehe wie entrüstet Lily über unsere Haushälterinnen ist, muss ich auch lachen und fange selbst an mich zu fragen worüber wir uns bei der Hausarbeit in Deutschland eigentlich beschweren. Auch ich laufe hier mit 15 Liter Eimer auf dem Kopf, acht bis zehn mal hin und zurück, um unsere Duschwassertonne aufzufüllen, wasche Wäsche und Geschirr mit Hand und fege jeden Tag weil es hier einfach immer staubig ist und alles sofort dreckig wird. Selbst sieben oder acht Jährige Mädchen verrichten hier diese Aufgaben und können schwerere Eimer tragen als ich, weil sie es von klein gewohnt sind. Im Vergleich dazu relativiert sich die Hausarbeit in Deutschland tatsächlich und ich habe das Gefühl nach meiner Rückkehr, vielleicht weniger Probleme damit zu haben, mal eben die Wäsche aus der Maschine zu holen.
Nach und nach kommen jetzt auch die anderen Freiwilligen, Kojo Junior (der Workshopleiter) und Solomon hinzu. Wir überlegen was es in der Mittagspause zu essen geben soll. Denn es wird nichts vom Hotel vorbereitet, sondern eine Frau aus dem Dorf wird dafür bezahlt und bringt das Essen dann zum Hotel. Wir schweifen jedoch ab und schnell geht es um Essen im allgemeinen und was jeder mag oder nicht mag. Kojo schwärmt von Light Soup mit Grascutter, ein Ratten ähnliches Tier das zum Bush Meat gezählt wird. Er erklärt, dass der Kot des Tieres als besonderer Geschmacksverstärker mit in die Suppe getan wird. Wir sind natürlich alle angewidert und ich bin froh hier noch kein Bush Meat probiert zu haben. Die Ghanaer im Raum können unsere Entrüstung nicht verstehen und versuchen zu erklären, dass dieser Kot als Bestandteil der Suppe gilt und nicht mehr als sogenannte "Scheiße" gesehen wird. Wo wir schon bei ungewöhnlichen Essgewohnheiten sind, wird nun darüber geredet wie schmackhaft Hunde und Katzen sind. Diese Tiere werden hier tatsächlich gegessen und insbesondere Katzen sollen sehr lecker sein, auch Lily kann dies Bestätigen. Leider kann ich dem nichts abgewinnen, genauso wie den Riesenschnecken, die es hier überall zu kaufen gibt. Eine lustige Diskussion entsteht, doch irgendwie werden wir uns nicht einig.
Als wir dann gegen Mittag sehr leckeren Reis mit Tomaten Stew und Chicken (endlich mal wieder Fleich!) essen. Fragt uns Solomon plötzlich warum wir denn unsere Knochen nicht essen würden? Erst jetzt fällt mir auf, dass alle Ghanaer am Tisch wie wild auf ihren Knochen herum kauen. Bekannt war mir das sie den kompletten Fisch essen, sprich mit Gräten und Kopf, der als besondere Delikatesse und Vitaminlieferant gilt. Aber das sämtliche Knochen gegessen werden überrascht mich dann doch. Wir erklären das wir in Deutschland von klein auf beigebracht bekommen weder Gräten noch Knochen zu essen, weil es gefährlich ist. Sogar die Hunde bekommen bei uns keine Hühnerknochen zu fressen , weil sie sich daran verschlucken könnten. Daraufhin ist das Gelächter groß. Die Ghanaer kriegen sich kaum noch ein vor lachen und versichern uns, dass bei ihnen die Knochen als besonders gesund, gut für die Zähne und den Knochenaufbau gelten. Mütter sagen hier ihren Kinder iss deine Kochen auf, wie unsere iss dein Gemüse. Es ist wirklich herrlich komisch wie unterschiedlich Kulturen sein können. Oftmals kann man darüber lachen, aber manchmal führt es auch zu völlig unbeabsichtigten Missverständnissen.
Donnerstag, 13. Mai 2010
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Hääää?? Wer ist denn bitte in Deutschland seine Knochen nicht auf??
AntwortenLöschenKein Wunder, dass wir hier immer so'n Scheißwetter haben...
"isst" sollte das wohl heißen...
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